Südsudan

Wenn Tränen versiegen

Mitte Juli ist der Krieg in den Südsudan zurückgekehrt. Doch unsere Krankenstation in Rumbek läuft weiter und ist ein Ort der Hoffnung. Hier und andernorts unterstützen wir auch Flüchtlingsfamilien.
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Jeden Tag suchen hunderte Patienten unsere Kliniken auf und hoffen hier auf Nahrung und medizinische Hilfe. Auch in der aktuellen schwierigen politischen Situation im Südsudan geht unsere Arbeit weiter.
Jeden Tag suchen hunderte Patienten unsere Kliniken auf und hoffen hier auf Nahrung und medizinische Hilfe. Auch in der aktuellen schwierigen politischen Situation im Südsudan geht unsere Arbeit weiter.

„Ein hungriger Mensch ist ein wütender Mensch“, sagen die Südsudanesen. Ein Rückblick: Im Wartezimmer unserer Klinik sehe ich die kleine Alom Deng auf dem Schoß ihrer Großmutter sitzen. Alom ist sehr dünn, ihre Haut umspannt die zerbrechlich wirkenden Knochen. Und so sanft ihre Großmutter Alendit Makuei und Ernährungsexperte James Majok auch mit ihr umgehen – Alom schreit sofort los. Oder sagen wir besser, sie versucht es, denn ihr Schrei ist kaum zu hören. Ihre Augen sind eingesunken, keine Träne ist zu sehen, ihre Lippen sind wund, trocken und blutig, und sie hat Fieber. Alom ist ein „wütendes“ Kind. Sie wehrt sich gegen die Untersuchung des Mediziners, sie wehrt sich gegen das Fiebermessen und das Wiegen, sie meidet Blickkontakt mit anderen Menschen und hat fast ununterbrochen ihre Hand im Mund. James Majok erklärt mir später, dass das Symptom der „Unzufriedenheit“ bei unterernährten Kindern häufig auftritt. „Dass sie keine Tränen weinen kann, dass ihre Augen eingesunken sind und ihr Mund trocken ist, weist auf Dehydrierung hin.” Aloms Unterernährung geht mit einer Atemwegsinfektion einher, die im Südsudan gerade in der Trockenzeit häufig vorkommt. Auch Großmama Alendit ist sichtbar krank. Sie ist mit ihren etwa 50 Jahren eine typische alte Dinka-Frau. Auch sie ist unterernährt und leidet an starkem Husten, dazu an einem Juckreiz am ganzen Körper.

In der Provinzhauptstadt Wau haben sich große Lager mit tausenden Binnenflüchtlingen gebildet. Kirchgemeinden und Organisationen arbeiten zusammen, um Hilfe zu leisten.

+++ Hilferuf aus Wau +++ Auch andernorts im Südsudan helfen wir Bedürftigen mit Hilfsgütern – aktuell in Wau, der Hauptstadt des nordwestlich gelegenen Teilstaats Western Bahr el Ghazal. Ende Juni flohen hierher tausende Menschen vor schweren Kämpfen in der Region. Die Vertriebenen fanden in Lagern und Kirchen vor den Auseinandersetzungen Zuflucht. Kirchliche Einrichtungen und Organisationen arbeiten nun Hand in Hand, um die Not der Menschen zu lindern. „Nahrung, sauberes Wasser, mobile Kliniken, Decken, Zelte und anderes wurde zum Teil schon zur Verfügung gestellt“, berichtet Bruder Bill Firman von unserer Partnerorganisation Solidarity with South Sudan (SSS) von vor Ort. „Was wir aktuell dringend brauchen, sind Dinge wie Essgeschirr, Kochtöpfe und Seife.“ Ein Hilfspaket für 25 Euro enthält alle diese Sachen und kommt einer Familie zugute. Insgesamt 800 dieser Pakete möchten wir den Menschen geben und bitten dafür um Ihre Mithilfe. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Aloms Familie musste fliehen

Aloms Vater Deng Malou versuchte die Familie mit Viehzucht und Ackerbau durchzubringen. In Alendits Gesicht zeichnet sich Kummer ab, als sie erzählt, wie die Familie aufgrund von Stammeskonflikten fliehen und die bestellten Felder zurücklassen musste. „Wir konnten kaum etwas zu Essen mitnehmen – wir mussten doch unsere Babies tragen“, erzählt sie. „Ich trug Alom, ihre Mutter die andern beiden Kinder.“ Jetzt lebt die Familie in einer notdürftig aus Planen und Hölzern zusammengebauten Hütte. Als Alom krank wurde, habe die Familie zunächst abgewartet und auf Besserung gehofft, wie die Großmutter erklärt.„Sie verlor dann schnell an Gewicht, und wir wussten nicht, was wir machen sollten. Dann erzählte uns jemand von der Hoffnungszeichen-Klinik. Aloms Mutter passt auf die anderen beiden Kinder auf, und so bin ich mit ihr hergekommen. Mein Sohn bestellt derweil das Feld.“ Von Verwandten haben sie ein kleines Stück Land bekommen, so dass sie in diesem Jahr verschiedene Getreide- und Gemüsesorten anbauen konnten und nun auf eine gute Ernte hoffen.

Ich treffe Alom und ihre Großmutter heute wieder – nach fünf Wochen Behandlung in unserem Ernährungszentrum. Alom hat sich sehr gut entwickelt. Sie wiegt drei Kilogramm mehr als bei ihrer Einlieferung, ihre Atemwegserkrankung ist ausgeheilt, und sie ist kräftig genug, um auf dem Gelände der Klinik herumzulaufen. Auch Großmutter Alendit geht es besser. Als die beiden entlassen werden, bedankt sich Alendit bei Hoffnungszeichen und den Medizinern in der Klinik. „Ich werde allen im Dorf erzählen, dass man hier behandelt werden kann, denn viele wissen das noch nicht.“ So wie für Alom ist und bleibt unsere Klinik ein Hoffnungszeichen für die Menschen in der Region. Ihre Unterstützung, liebe Leserinnen und Leser, macht dies möglich.

Medizin im Busch
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