„Ich habe das letzte Mal vor zwei Tagen etwas gegessen“, flüstert Nakali Lomorimoi. Das Reden fällt dem geschwächten, ausgemergelten Mann schwer. Der Hunger macht ihn lethargisch. Gespensthaft dürr kauert der 80-Jährige auf dem staubtrockenen Boden vor seiner mit Leder, Stoffen und Plastik bedeckten Hütte. Er besteht nur noch aus Haut und Knochen. Der Mann lebt alleine in der nordkenianischen Region Illeret im Marsabit County. Seine Kinder sind fortgezogen nach Äthiopien, seine Frau ist gestorben. Der betagte Mann ist auf sich gestellt. Wann er wieder etwas essen wird, weiß er nicht.
„Aktuell gibt es in den meisten Haushalten kaum eine Mahlzeit am Tag“, erklärt Hoffnungszeichen-Mitarbeiter Solomon Kamuti, der die Arbeit von Hoffnungszeichen in Kenia leitet. Aktuell untersucht er in der Region Illeret, wie viele Tiere die Viehzüchter bereits durch die Dürre verloren haben. Die Zahlen sind erschreckend: „Ich schätze, dass mehr als 90% des Viehbestands verendet ist.“ In dem Gebiet lebt der Volksstamm der Dassenech, die traditionell Viehzucht betreiben. Der zunehmende Wasser- und Nahrungsmittelmangel lässt die Tiere verenden. Ganze Berge an Kadavern türmen sich. „Die Lebenssituation der Menschen hat sich durch den Klimawandel weiter verschlechtert. Die Dürre ist verheerend und raubt den Menschen ihre Lebensgrundlage. Besonders Kinder, schwangere und stillende Frauen sowie ältere Menschen leiden Hunger“, erklärt Kamuti. Allein in Kenia sollen aktuell über drei Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sein. In der Region Illeret sind hunderte Kinder schwer unterernährt. Hart trifft es auch die Älteren. Sie haben keine Kraft mehr mitzugehen, wenn der Rest der Familie mit den wenigen verbliebenen Tieren auf der Suche nach Wasser und Weideland umzieht. Die Alten bleiben dann zurück und manche sterben ganz alleine und unbemerkt.
Am 17. Juni macht der Welttag für die Bekämpfung von Wüstenbildung und Dürre auf das Problem der zunehmenden Klimaextreme aufmerksam, die Armut, Hunger und Flucht verstärken. „Aktuell erleben wir in Nordkenia die schlimmste Dürre seit vier Jahrzehnten“, betont Reimund Reubelt, Erster Vorstand von Hoffnungszeichen, der Organisation für Menschenrechte, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. „Wasserquellen versiegen, Ernten verdorren und Vieh verendet. Die Menschen sind verzweifelt. Die Dürre nimmt ihnen alles.“ Als christlich motivierte Organisation steht Hoffnungszeichen weltweit Menschen mit Nothilfe und langfristigen Projekten zur Bewältigung von Klimaextremen zur Seite. „Mit unserem Einsatz wollen wir den Menschen ein Leben in Würde ermöglichen und weltweit Armut und Hunger verringern“, so Reubelt.
Dürre führt zu Hungersnot (Pressemeldung vom 13.05.2022)