Bergkarabach

Um 16 Uhr die erste Mahlzeit

Hunger und die Angst vor einem erneuten Kriegsausbruch bestimmen das Leben der Menschen in Bergkarabach. Nach Schicksalsschlägen hoffen sie auf eine bessere Zukunft.
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Es ist bereits Nachmittag und die Kinder von Marina Grigorjan hatten heute noch nichts zu essen. Sie können es gar nicht erwarten, die von unserer Mitarbeiterin Aljona Zeytunyan überreichten Tüten mit Lebensmitteln zu öffnen.
Es ist bereits Nachmittag und die Kinder von Marina Grigorjan hatten heute noch nichts zu essen. Sie können es gar nicht erwarten, die von unserer Mitarbeiterin Aljona Zeytunyan überreichten Tüten mit Lebensmitteln zu öffnen.

Mit leeren Händen und Tränen im Gesicht kommt Mutter Marina Grigorjan vom nahegelegenen Dorfladen nach Hause. Ihre Kinder warten hoffnungsvoll auf sie, doch sie muss alle enttäuschen. Schweren Herzens erzählt sie ihnen, dass der Ladenbesitzer sich geweigert hat, ihr weitere Lebensmittel zu geben, weil sie bei ihm schon mit 200.000 Armenischen Dram (rund 400 Euro) verschuldet ist. Es ist kurz vor 16 Uhr und keines ihrer acht Kinder hat bisher etwas gegessen. Als Wigen Aghanikjan und Aljona Zeytunyan mit den Nahrungsmitteln von Hoffnungszeichen eintreffen, bedankt sich Marina überschwänglich für die „deutsche Hilfe“. Alle Augen sind auf die Pakete gerichtet und die Kinder können es schier nicht erwarten, sie zu öffnen – endlich gibt es zu essen.

Wenn Mangel an allem das Leben bestimmt

Die Geschichte von Marinas Familie ist eine von Schicksalsschlägen und der ständigen Hoffnung auf bessere Zeiten. Wirtschaftslage wie viele Menschen in Bergkarabach keine feste Anstellung, sondern verdient den Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten. Das hart verdiente Geld reicht jedoch nicht, um seine Familie ernähren oder ihnen das Nötigste geben zu können. „Meine Kinder haben in ihrem Leben noch nie eigene Kleidung getragen, sondern immer alte Anziehsachen von unseren Nachbarn bekommen“, erzählt Marina Grigorjan mit brüchiger Stimme. Auch wenn sie ihre Kinder gerne aus eigener Kraft versorgen würde, ist sie dankbar für jede Unterstützung, die sie bekommt. Zwei ihrer Kinder sind auf besondere Hilfe angewiesen. Der 17-jährige Asram leidet unter zerebraler Kinderlähmung und kann von Geburt an nicht gehen oder sprechen. Nur mit Hilfe der Hände bewegt er sich im Haus. Auch der 3-jährige Ruslan hat diese Krankheit und leidet zudem unter epileptischen Anfällen. Das schwere Los stellt die Familie vor große Herausforderungen. Es sind Hilfslieferungen wie diese, die der Familie einen Funken Hoffnung und die Gewissheit geben, dass sie zumindest die nächsten Wochen nicht hungern müssen.

Die 12-jährige Adela Harutjunjan hat bereits beide Eltern verloren. Elternlose Kinder sind in Bergkarabach auf Unterstützung angewiesen.
Die 12-jährige Adela Harutjunjan hat bereits beide Eltern verloren. Elternlose Kinder sind in Bergkarabach auf Unterstützung angewiesen.

Schlaflose Nächte

Die Angst vor der Zukunft ist ein Gefühl, das den Menschen in Bergkarabach ins Gedächtnis eingebrannt ist. Jeden Tag können die militärischen Konflikte im Grenzgebiet zwischen Armenien und Aserbaidschan wieder ausbrechen. Unseren Mitarbeitern erzählen die verängstigten Menschen, dass sie immer mit einem offenen Auge schlafen. Denn man weiß nie, ob nicht mitten in der Nacht der Konflikt eskaliert. Was das bedeuten kann, hat die 12-jährige Adela Harutjunjan schmerzlich erfahren. Während der Kämpfe im April 2016 wurde ihr Vater bei der Verteidigung des Dorfes getötet. Im Dezember darauf starb ihre Mutter an Krebs. Seitdem leidet das junge Mädchen an Depressionen. Als Waise lebt sie bei ihrer Großmutter, die sich als Reinigungskraft in einer Schule etwas zu ihrer geringen Rente dazuverdient. Die Lebensmittel von Hoffnungszeichen sind für die beiden eine große Hilfe, denn die Großmutter muss jeden Dram sparen, um sich und ihre Enkelin durchzubringen.  Irgendwie die nächsten Monate überstehen – dafür beten die bedürftigen Menschen in Bergkarabach.

Liebe Leserinnen und Leser, damit vor allem ältere Personen, kinderreiche Familien und Waisenkinder die beschwerlichen Herbstmonate überstehen können, möchten wir ihnen wieder Beistand leisten. Mit 57 Euro (Spendenstichwort „Bergkarabach“) helfen Sie einer Familie mit wichtigen Nahrungsmitteln wie Reis, Mehl und Öl für mehrere Wochen. Besonders im Namen der Hilfeempfänger: Herzlichen Dank.

Die Helfer im Interview

Wigen Aghanikjan und Aljona Zeytunyan berichteten uns bei ihrem Besuch im Hoffnungszeichen-Büro in Konstanz von ihren Erfahrungen bei der Nahrungsmittelverteilung in Bergkarabach.
Wigen Aghanikjan und Aljona Zeytunyan berichteten uns bei ihrem Besuch im Hoffnungszeichen-Büro in Konstanz von ihren Erfahrungen bei der Nahrungsmittelverteilung in Bergkarabach.

Ihr begegnet bei eurer Arbeit viel Leid, wie geht ihr damit um?

Wigen: Manchmal sagt Aljona nachdem wir viele hungrige Kinder gesehen haben: „Ich mache das nie wieder“, weil es ihr so nahegeht. Aber ganz schnell ist sie wieder voller Tatendrang zur Stelle.

Aljona: Wenn wir von einer Verteilung zurückfahren, sind wir müde, aber zufrieden. Wir haben 170 Familien geholfen – das bringt uns Freude.

Was geht euch bei den Verteilungen besonders nahe?

Aljona: Die Verzweiflung der Menschen. Wenn wir sehen, dass hungrige Kinder sich die von uns gebrachten Lebensmittel ganz schnell in den Mund stopfen, weil sie Angst haben, sonst nichts mehr zu bekommen – das tut weh im Herzen.

Wigen: Manchmal kommen wir auch in Häuser, da sind nur noch zwei Stühle und ein Bett, nicht einmal mehr ein Schrank. Die Menschen verkaufen alle Möbel, damit sie sich Essen kaufen können. Das ist ein sehr schlimmes Bild. 

Was wünscht ihr euch für die Menschen in Bergkarabach?

Wigen: Die Menschen sollen nicht mehr Hunger leiden und eine feste Arbeit haben. Sie sind nämlich sehr fleißig.

Aljona: Ich habe einen großen Wunsch: Es soll keinen weiteren Krieg geben in Bergkarabach.

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