Wieder aufflammende Konflikt bringt Armut und Verlust
Die beiden gelben Rollstühle holpern mühsam über den steinigen, unebenen Boden. Mama Ruzanna Khachatryan schiebt den einen, die älteste Tochter den anderen. Die beiden Jungs darin sind fröhlich und kichern. Die ganze Kinderschar von Ruzanna kommt neugierig herbei, um den interessanten Besuch zu betrachten, der da gerade Lebensmittelpakete aus dem Fahrzeug entlädt.
Fünf eigene Kinder haben Ruzanna und ihr Mann, zwei davon leiden an Zerebralparese und sitzen im Rollstuhl. Auch Ruzannas Neffe lebt in der Familie – sein Vater, Ruzannas Bruder, ist im Krieg 2020 zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Region Bergkarabach gefallen. Selbstverständlich haben die Khachatryans den mittlerweile zehnjährigen Jungen liebevoll aufgenommen. Nahrung und Grundversorgung sind jedoch knapp in der Familie. Der Vater arbeitet in Gelegenheitsjobs, die nur unregelmäßig ein kleines Einkommen bieten. Aber auch mit dem Kindergeld und der Unterstützung für die beiden gelähmten Söhne reicht es an vielen Tagen oft nur für einen Kanten Brot. An eine fachgerechte medizinische Behandlung der kranken Kinder ist gleich gar nicht zu denken. Ruzanna ist froh, dass sie wenigstens Rollstühle haben.
In dieser Situation sind die Lebensmittel, die unsere Mitarbeitenden Aljona Zeytunyan und Wigen Aghanikjan bringen, eine große Hilfe. Viele Familien in Bergkarabach leiden wie die Khachatryans unter Armut, dem Verlust von Angehörigen und den Folgen des immer wieder aufflammenden Konflikts. Zuletzt starben Anfang August mehrere Soldaten auf beiden Seiten.
Immer neues Leid durch Kriege
Der Konflikt um Bergkarabach, der in seinen Ursprüngen bis ins 18. Jahrhundert reicht, hat durch den Krieg im Herbst 2020 die Positionen der beteiligten Länder Armenien und Aserbaidschan verändert. „Dazu gehört vor allem die Rückeroberung (…) aller umstrittener Gebiete außerhalb Bergkarabachs durch Aserbaidschan“, so die Landeszentrale für politische Bildung BadenWürttemberg. Die Rolle der russischen Militär bzw. Friedensmission sei dabei unklar; einerseits habe sie die Rückkehr armenischer Geflüchteter nach Bergkarabach ermöglicht, andererseits wiederholte Brüche der Waffenruhe durch Aserbaidschan im ersten Jahr nach Ende des Krieges weder verhindert noch geahndet.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seit dem 24. Februar 2022 schafft nun wieder eine neue Konfliktlage für das gebeutelte, völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörende Bergkarabach. Der Krieg in der Ukraine binde „die internationale Aufmerksamkeit sowie alle politischen und wirtschaftlichen Ressourcen, was einen Neustart der Friedensverhandlungen (…) sehr unwahrscheinlich macht. (…) Gleichzeitig steigt die Gefahr, dass beispielsweise Aserbaidschan weitere militärische Schritte unternimmt (…). Ein umfassender Friedens- und Versöhnungsprozess (…) und eine dauerhafte Lösung in der Region Südkaukasus scheint somit im Augenblick außer Reichweite zu sein.“
Hoffnungszeichen ist weiterhin vor Ort
Unsere Aufmerksamkeit haben die hilfebedürftigen Menschen in Bergkarabach nach wie vor, und unsere Zuwendung bleibt ungebrochen. Zweimal jährlich erhalten 150 alleinstehende ältere Leute, Waisen und verarmte Familien von uns Lebensmittelpakete. Ruzanna und ihre Kinder stehen stellvertretend für viele Menschen, die durch diese Hilfe eine konkrete Verbesserung ihres schweren Alltags erfahren, und entsprechend groß ist deren Dankbarkeit. Die „Deutsche Hilfe“ ist in Bergkarabach seit Jahren ein fester Begriff, und so schickt auch Ruzanna ihren Dank auf die weite Reise zu Ihnen, den Spenderinnen und Spendern in Deutschland.
Mit 65 Euro ermöglichen Sie einem Haushalt bereits in den kommenden Wochen ein großes Hilfspaket mit Grundnahrungsmitteln wie Linsen, Mehl und Konserven. Jeder Betrag hilft, die Pakete zu füllen. Danke, dass Sie den Menschen in Bergkarabach Ihre Hand reichen!
Media widget. Drücken Sie die Eingabetaste, um nach dem Widget zu tippen oder Shift + Eingabetaste, um vor dem Widget zu tippen.
Modernisierung des Prothesenzentrums
Neben der Hilfsgüterverteilung unterstützen wir die Menschen in Bergkarabach mit einem Prothesenzentrum in Stepanakert. 2021 wurden dort u. a. Reparaturen und 37 Basisprothesen angefertigt. Die dafür nötigen Maschinen wurden vor 27 Jahren gebraucht gekauft und sind seither ununterbrochen im Einsatz. Eine Neuausstattung ist deshalb dringend erforderlich. Auch die „neuen“ Maschinen sind Gebrauchtgeräte, aber sie sind deutlich leistungsfähiger. Vielleicht ist es einigen von Ihnen möglich, einen größeren Betrag für eine der benötigten Maschinen zu spenden. So kosten beispielsweise
Insgesamt werden 19.500 Euro benötigt. Jede Gabe ist den Menschen, die auf diese Art der Hilfe angewiesen sind, eine segensreiche Unterstützung. Vielen Dank dafür!