Weshalb das deutsche Lieferkettengesetz nicht ausreicht
Das Inkrafttreten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes am 01. Januar 2023 stellte einen Paradigmenwechsel dar: Deutsche Unternehmen sind verpflichtet, Verantwortung in ihren Liefer- und Produktionsketten zu übernehmen und die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards zu sichern. Das Gesetz ist ein erster Schritt zur Unterstützung von Menschen, die in Lieferketten für den Profit deutscher Unternehmen ausgebeutet werden. Notwendig ist nun eine strikte Umsetzung des Gesetzes.
Nichtsdestotrotz weist das deutsche Lieferkettengesetz einige Lücken und Schwächen auf, beispielsweise:
- Es bietet den betroffenen Menschen wenig Möglichkeiten, die Unternehmen bei Verletzung ihrer Rechte vor deutschen Gerichten zur Verantwortung zu ziehen.
- Der Gesetzgeber stuft die Sorgfaltspflichten der Unternehmen in den Lieferketten ab – bei mittelbaren Zulieferern müssen Unternehmen nur anlassbezogen und nicht proaktiv Risikoanalysen durchführen.
Diese Lücken gilt es durch ein weitreichendes und starkes EU-Lieferkettengesetz zu schließen, um so entlang der gesamten Lieferkette den Schutz der Menschen und Umwelt zu sichern und Menschen Zugang zu Entschädigungen zu verschaffen.
Am 14.12.2023 haben sich die EU-Kommission, der Ministerrat und das EU-Parlament im Trilog auf einen Kompromiss für ein EU-Lieferkettengesetz geeinigt, was den Weg für ein europäisches Lieferkettengesetz ebnet. In den nächsten Schritten muss nun der Entwurf noch offiziell bestätigt werden durch den Rat und das Parlament, dies wird jedoch in der Regel nur als Formalität angesehen.
Unser Einsatz für ein starkes Lieferkettengesetz
Hoffnungszeichen engagiert sich seit Jahren für eine starke Lieferketten-Gesetzgebung. Als Teil der Initiative Lieferkettengesetz haben wir auf das deutsche Lieferkettengesetz hingewirkt, u. a. durch den Austausch mit relevanten Akteuren, die Veröffentlichungen von Beiträgen zu dem Thema und Petitionen.
Auch bei den aktuellen Verhandlungen über ein starkes und weitreichendes EU-Lieferkettengesetz engagiert sich Hoffnungszeichen. Gemeinsam mit der Initiative Lieferkettengesetz appellieren wir durch eine E-Mail-Aktion an die Politikerinnen und Politiker in Deutschland für ihren Einsatz für ein starkes und wirksames EU-Gesetz.
Nehmen Sie an unserer E-Mail-Aktion an Bundeskanzler Olaf Scholz teil und setzen Sie sich gemeinsam mit uns für den Schutz von Menschenrechten, Klima und Umwelt durch ein wirksames EU-Lieferkettengesetz ein:
Lieferkette des Leids: vom Südsudan nach Deutschland
Hoffnungszeichen setzt sich seit 2009 für die Menschen im Südsudan ein, deren Gesundheit durch die Erdölförderung im Land gefährdet ist. Das Trinkwasser von hunderttausenden Südsudanesen wird durch Ölkonzerne vergiftet, die große Mengen von mit Schwermetallen und Salzen kontaminiertem Abwasser versickern lassen. Viele der Brunnen in den Dörfern im Unity State können daher nicht mehr genutzt werden. Die Erdölfördergebiete im Südsudan sind der Anfang einer Lieferkette des Leids, die bis nach Europa reicht. Auch in Deutschland wird Erdöl in alltäglichen Produkten verbraucht. Vor Ort sucht Hoffnungszeichen aktiv nach Lösungen, um der Bevölkerung des Unity State Zugang zu sicherem Trinkwasser zu verschaffen, und unterstützt trotz der schwierigen Rahmenbedingungen im Unity State den Bau und die Sanierung von Tiefbrunnen. Darüber hinaus hat Hoffnungszeichen digitale Lösungen entwickelt, um Öllecks in dem Gebiet aufzuspüren.
Häufig gestellte Fragen
1. Was ist das deutsche Lieferkettengesetz?
2. Wovor soll das Gesetz schützen?
3. Für wen gilt es?
4. Was ist das EU-Lieferkettengesetz?
1. Was ist das deutsche Lieferkettengesetz?
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz stellt die verbindliche Sicherung von Menschenrechten und Umweltstandards in Lieferketten deutscher Unternehmen dar. Unternehmen müssen bei allen Schritten im In- und Ausland in der Herstellung eines Produkts oder der Erbringung einer Dienstleistung sicherstellen, dass Menschen und Umwelt keine Schäden nehmen. Dies bedeutet, dass Sorgfaltspflichten eingehalten und Risikoanalysen durchgeführt werden müssen, um Menschenrechts- und Umweltrisiken frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen. zurück
2. Wovor soll das Gesetz schützen?
Das Lieferkettengesetz soll vor Menschenrechtsverletzungen wie Kinderarbeit, Zwangsarbeit, fehlendem Arbeitsschutz und Umweltzerstörungen in den Lieferketten deutscher Unternehmen schützen. zurück
3. Für wen gilt es?
Ab 2023 gilt das Gesetz zunächst für Unternehmen mit Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland und mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – das betrifft rund 700 Unternehmen in Deutschland. Ab 2024 gilt es für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – darunter fallen rund 2.900 Unternehmen in Deutschland. zurück
4. Was ist das EU-Lieferkettengesetz?
Das deutsche Lieferkettengesetz ist ein erster verbindlicher Schritt zur Sicherung von Menschenrechten und Umweltstandards in Lieferketten – jedoch weist es einige Schwächen auf. Das EU-Lieferkettengesetz, die Corporate Sustainability Due Diligence Directive, führt europaweit verbindliche Standards zum Schutz von Mensch und Umwelt ein und kann somit die Lücken des deutschen Gesetzes schließen. Am 14. Dezember 2023 wurde in den Trilog-Verhandlungen zwischen der EU-Kommission, dem Ministerrat und dem EU-Parlament ein gemeinsamer Kompromiss für einen Gesetzesentwurf geschlossen. Der Gesetzesentwurf enthält einige wichtige Forderungen, darunter eine Haftungsregelung für Unternehmen. Dennoch gibt es noch Schwächen, insbesondere im Bereich des Finanzsektors und der Regulierung der Klimapflichten. In den nächsten Schritten muss der EU-Rat dem Entwurf noch offiziell zustimmen und voraussichtlich im März 2024 erfolgt der finale Beschluss des Europaparlaments. zurück