Angekettet wie ein Tier saß Samuel Muorwel am Boden seiner Zelle. Die schwere Kette um seinen Fuß hielt den 29-jährigen davon ab, andere Insassen zu attackieren oder wegzulaufen. Seit einem Jahr befindet sich der Mann mit den struppigen Haaren und dem zur Hälfte aufgeknöpften Hemd nun im Gefängnis in Rumbek. Er leidet an einer bipolaren Störung: Manchmal ist er manisch, redet hektisch und wirr, ist völlig aufgekratzt und gewaltbereit; zu anderen Zeiten zeigt er depressive Züge. Die Gefängnismitarbeiter wissen sehr wenig über ihn und besucht hat ihn bisher niemand.
Psychische Krankheiten entmystifizieren
Aufgrund von mangelndem Wissen über psychische Krankheitsbilder werden Betroffene im Gefängnis unter menschenunwürdigen Zuständen weggesperrt. „Psychische Krankheiten gelten in weiten Teilen des Südsudan als Fluch und nicht als medizinisch behandelbar“, erklärt Michael Lueth. Er leitet die Abteilung für Rettungsassistenz und kurative Medizin im Gesundheitsministerium des Landes. Gemeinsam mit dem Staatsgefängnis und dem Zentrum für medizinische Primärversorgung, das von der Diözese Rumbek geführt wird, unterstützt Hoffnungszeichen die Schulung von Gefängnispersonal: Die Teilnehmer erlernen, psychische Krankheitsbilder zu identifizieren und damit umzugehen. Gleichzeitig klären sie ihre örtlichen Gemeinschaften darüber auf, dass mentale Krankheiten keinen Fluch bedeuten, sondern gesundheitliche Einschränkung sind, die man verstehen und medizinisch behandeln kann.
Hoffnungszeichen liefert zudem wichtige Medikamente und Nahrungsmittel für die Betroffenen an das Gefängnis. Bereits 20 Patienten konnten seit Beginn des Projekts erfolgreich behandelt werden. Jakob Maker, medizinischer Mitarbeiter im Gefängnis in Rumbek, hofft, dass auch Samuel Muorwel bald dazugezählt werden kann: „Seit er hier ist, hat sich sein Zustand schon verbessert. Zu Beginn konnte man nicht neben ihm sitzen ohne dass er einen sofort angegriffen hätte“, erinnert er sich. Der Bedarf an Hilfe für psychisch Kranke im Südsudan wächst. Bürgerkriegsähnliche Gewalt, bittere Armut und der Verlust von geliebten Menschen belasten die Psyche der Südsudanesen. „Viele der Menschen, die auf psychische Unterstützung angewiesen wären, sind sich selbst überlassen. Von ihren Verwandten verstoßen, streunen sie hungrig und hilflos durch die Straßen. Das Projekt in Rumbek ist deswegen für sie und für die Gemeinde unglaublich wichtig“, betont Michael Lueth.
Liebe Leserinnen, liebe Leser, mit Ihrer Spende können Sie psychisch kranke Menschen im Südsudan unterstützen. Eine Behandlung mit Medikamenten kostet pro Person etwa 95 Euro jährlich. Mit 45 Euro können Sie den Gefängnisinsassen einen 50-kg-Sack Sorghum zur Verfügung stellen. Wir danken Ihnen für Ihren Beistand.